#rezension

«Us» – Horror als Sozialkritik

Für viele ist Horror ein Klischee-belastetes Genre voll von Jump Scares, viel Blut und platten Storylines mit noch platteren Charakteren. Dabei ist das Home Invasion-Genre noch die spannendste Unterart des Horrorfilms, denn hier geht es um menschliche Psychologie. Die Filme leben vom Horror der Gewalt die in das vermeintlich sichere Zuhause hereinbricht.

Glaubt man dem Marketing von Us, ist der Film genau das: Ein Home Invasion-Thriller mit politischen Motiven, schließlich ist er ja von Get Out-Regisseur Jordan Peele. Doch mit fast zwei Stunden Laufzeit hat Us noch viel mehr zu bieten. Ja, er beginnt als klassischer Horrorfilm, atmosphärisch dicht erzählt und schaurig spannend. Doch dann entwickelt er sich in eine völlig andere Richtung.

Deshalb ist es schwierig Us als reinen Horrorfilm zu bezeichnen. Es ist ein Genre-Stück, dass von seinen vielen, vielen filmischen Zitaten lebt, stellenweise erstaunlich humorvoll ist, aber genauso sozialkritisch wie Peeles Vorgänger Get Out. Der Film strotzt nur so vor Ideen, die in rasantem Tempo dem Zuschauer entgegen geworfen werden und mal mehr mal weniger funktionieren. Wo Get Out in sich geschlossen und minutiös durchgetaktet war, ist Us ein weit offenes Feld voller Ansätze und Hinweise, die nicht immer eine vollkommene Geschichte erzählen.

Trotzdem bleibt der Film durchgehend spannend und beschäftigt auch lang nach dem Abspann. Das ist vor allem Lupita Nyong’o und ihrer wirklich unglaublich starken Doppelrolle geschuldet, die sich über weite Strecken wie zwei unterschiedliche Schauspielleistungen anfühlt. Vieles, was im Film passiert, wird Filmfans sicherlich noch die nächsten Jahre beschäftigen. Jetzt schon gibt es unzählige Theorien über das Ende des Films, befeuert durch Peele selbst, der immer wieder betont, dass keine einzige Requisite zufällig gezeigt wird.

Nein, ein klassischer Horrofilm ist Us nicht, was man auch an zwei enttäuschten Horrorfans sah, die vorzeitig die Vorführung in der ich saß verließen. Film-Nerds werden jedoch voll auf ihre Kosten kommen und wenn Us eines ganz klar gemacht hat, dann das Jordan Peele noch einige Asse im Ärmel hat.

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