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Ist Ghostbusters (2016) automatisch schlecht, nur weil er mit Frauen ist?

Vor einigen Tagen habe ich auf der Arbeit Filmausschnitte für ein Video vorgeschlagen. Es ging um Teamgeist und generell Dinge-zusammen-anpacken. Und weil unsere Agentur ziemlich viel Männer-lastigen Content präsentiert hat (Rocky, Der Patriot, etc.), habe ich bewusst den Gegenpol vorgeschlagen.

Als meine Kollegin die Auswahl gesehen hat und meinen Ghostbusters-Vorschlag (aus dem finale, wenn die Ladies zusammen den Endgegner bekämpfen), hat sie zu mir gesagt: „Wollen wir das wirklich mit aufnehmen? Das ist doch ein schlechter Film.“ Ich hab sie gefragt, ob sie Ghostbusters überhaupt gesehen hat. Hatte sie nicht.

Der allgemeine Konses: Ghostbusters mit Frauen ist schlecht.

Das war bei weitem nicht das erste Mal, dass ich diese merkwürdige Diskussion hatte. Im letzten Jahr hat H&M 90er Popkultur für sich erkannt. Das hat nicht nur dazu geführt, dass Teens, die wahrscheinlich noch nie eine ganze Friends-Folge gesehen haben, plötzlich mit Hoodies der Serie herum liefen. Und ich hab mir bei H&M ein Ghostbusters T-Shirt geholt.

Der Kassierer scannt es ein und sagt: „Cool. Ich mochte die Original-Filme.“ Ich sage: „Das Remake letztens war auch gut.“ Woraufhin er sagt: „Hab ich nicht gesehen, interessiert mich nicht.“ Warum interessiert es ihn nicht, wenn er doch so ein großer Ghostbusters-Fan ist? Ich hab gefragt, weil ich mich einfach manchmal nicht beherrschen kann. Es war ihm unangenehm, aber er war ehrlich und hat gesagt: „Ein Remake mit Frauen brauch ich nicht.“ Äh. Okay.

Und? Ist es jetzt ein schlechter Film?

Nein, Ghostbusters (2016) erfindet weder das Genre, noch die Ghostbusters-Filme neu. Aber wer hat gesagt, dass der Film das überhaupt muss? Warum ist die Erwartungshaltung so absurd hoch, dass der Film der beste aller Zeiten sein muss?

Ganz ehrlich: Die beiden orginal Filme hatten eher mittelmäßige Plots. Die Effekte sind nicht gut gealtert. Und der zweite Teil hat für Ghostbusters in etwa das getan, was der zweite Matrix-Film für die Triologie gemacht hat: Die Welt erweitert auf Kosten der Spannung.

Sind die Filme deshalb schlecht? Nein! Also, warum ist unsere Erwartungshaltung an den neuen Ghostbusters dann, dass er mindestens Der Pate sein muss, wenn nicht sogar Citizen Kane? Schließlich ist Plot nicht alles. Ja, der von Ghostbusters ist eher mittel-gut, aber er tut was er soll. Aber oh, die Chemie zwischen Kate McKinnon, Kristen Wiig, Melissa McCarthy & Leslie Jones, ich hab lang nicht mehr so viel Spaß gehabt. Wenn das Skript ihnen nur noch ein wenig mehr Luft zum Improvisieren gegeben hätte!

Remakes machen das Original nicht kaputt

Die Berichterstattung, weit bevor Ghostbusters überhaupt irgendeine Kinoleinwand berühert hat, war vernichtend. Wie nachhaltig negativ, sieht man an meiner Kollegin und dem H&M-Verkäufer. Haben männliche Nerds wirklich so viel Angst davor, dass ihre gesamte Kindheit rückwirkend zerstört wird, nur weil ihr Lieblingsfilm plötzlich Frauen in der Hauptrolle hat?

Ich finde, man kann Remakes, Prequels und Reboots gut oder schlecht finden, ohne das es die Liebe zum Original zerstört. Bestes Beispiel: Star Wars! Ich liebe die Originalfilme, wie ich sie als Kind im TV gesehen hab. Die diversen Effekt-Erweiterungen von George Lucas? Waren nicht so meins. Die Prequel-Triologie (Episode 13) sehe ich heute noch nicht gern. Die Sequel-Triologie dagegen fand ich richtig cool, genauso wie Rogue One (fast besser als die anderen Filme) und Solo (solides Popcorn-Kino).

Haben diese ganzen neuen Filme dazu geführt, dass ich die Originale weniger gut finde? Schau ich jetzt nicht mehr gern zu, wie die Ewoks quasi das Empire besiegen, nur weil ich zwischenzeitlich Porgs gesehen hab? Völliger Quatsch. Das ist wie mit Chips: Da kann man doch auch nie genug von haben.

Nicht Remakes sind das Problem, sondern Remakes mit Frauen.

Und da ist der Kern des Problems. Im Grunde geht es eigentlich nicht darum, dass ein Kult-Klassiker neu aufgelegt wird. Sondern es geht darum, dass wir Bill Murray und Dan Akroyd durch ein anderes nicht weniger dynamisches, dafür weibliches, Duo ersetzen. Stimmt nicht? Der beste Beweis ist erst letztens erbracht worden.

In diesem Jahr gibt es nämlich ein Sequel, Ghostbusters: Afterlife. In der Hauptrolle? Paul Rudd. Und sonst? Bill Murray & Dan Akroyd. Und die Kontroverse? Gibt’s nicht. Weil: Remake ohne Frauen. Jason Reitman, der Regisseur, hat noch mal ganz explizit gesagt, dass der Ghostbusters von 2016 überhaupt keine Rolle im neuen Film spielt. Wahrscheinlich hat er den Film auch nicht gesehen.

Ich bin da bei Leslie Jones, die es noch mal ganz gut zusammen fasst:

https://twitter.com/Lesdoggg/status/1086748467828019200?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1086748467828019200&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.vanityfair.com%2Fhollywood%2F2019%2F02%2Fjason-reitman-ghostbusters-fans

Ob ich mir den neuen Ghostbusters trotzdem ansehe? Aber sicher! Ich mochte Jason Reitmans andere Filme (Juno, Thank you for smoking) und der Cast ist ziemlich super: Paul Rudd, Carrie Coon, Finn Wolfhard und natürlich die Originals Bill Murray, Dan Akroyd und Sigourney Weaver. Und egal ob er gut oder schlecht ist, das wird nichts daran ändern, dass ich die ursprünglichen zwei Filme und den Ghostbusters mit Frauen gut finde. Geht nämlich beides. Man muss nur ein bisschen offen für Neues sein.

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