#rezension

«The Great Gatsby» – Glitzer, HipHop und sonst nichts

Oberflächlich betrachtet ist Baz Luhrmann der ideale Regisseur für eine Neuverfilmung des Großen Gatsby, F. Scott Fitzgeralds Buch über die glitzernde Fassade des Reichtums und der Menschen die an ihr zerbrechen. Die Geschichte über Ambitionen, enttäuschte Hoffnung und letztendlich die tiefe Melancholie der „roaring twenties“ ist sowohl zeitlos als auch fest verankert in ihrer Zeit. Luhrman versucht diese Dichtomie treu zu bleiben, indem er authentisch die 20er Jahre in New York wiedergibt, aber gleichzeitig (und für ihn typisch) temporäre Musik als Untermalung wählt. Auch die anderen Luhrman-esquen Stilmittel lassen sich hier finden: Die Einbettung des Films in eine Rahmenhandlung in der Nick Carraway als Erzähler (ähnlich Christian in Moulin Rouge) versucht die Geschehnisse zu ergründen. Die visuell extravaganten Massenszenen, opulent ausgestattet, bis ins kleinste Detail durchdacht. Die atemlosen Momente in denen der Film still zu stehen scheint und versucht Jay und Daisy zu atemlosen Puzzelstücken einer großen romantischen Tradition zu erheben.

Wie gesagt. Oberflächlich betrachtet müsste Baz Luhrmann genau der richtige sein um extravaganten Prunk mit tief verletzten Gefühlen zu vermischen. Doch die schiere Überwältigung von Bildern, die Moulin Rouge zumindest eine gewissen Daseinsberechtigung eingeräumt hat und die hoffnungslose Verklärtheit, die Romeo + Julias Liebe in die Gegenwart geholt hat, scheinen sich im Großen Gatsby nicht zu vereinen. Die HipHop-Lieder und Mainstream-Songcover, die den Film dauerhaft untermalen wirken ebenso aufgesetzt wie die Tragik von Gatsbys Liebe, die der Filmzuschauer wie eine Ameise durchs Mikroskop betrachtet, statt mit ihm zu fühlen. Das der Film trotz einer solch emotionalen Vorlage seltsam blutleer wirkt, liegt jedoch nicht an seinen Schauspielern. Zu keinem Zeitpunkt ist der Film so nah an dem emotionalen Kern den er bis dahin verpasst hat, wie wenn Gatsby seine teuren, und bedeutungslosen, Seidenhemden auf die frohlockende Daisy wirft. DiCaprio wirkt auf einmal zehn Jahre jünger, zum ersten und einzigen Mal versteht man an dieser Stelle die Anziehungskraft der Beiden die der Film für den Rest des Films so mühsam versucht wieder heraufzubeschwören. Auch Tobey Maguire und Carey Mulligan können überzeugen und besonders Elizabeth Debicki erweckt ihre Jordan  Baker in nur wenigen, obwohl sie hier nur Stichwortgeber ist.

Vielleicht liegt es an der Länge des Films, der sich zäh und emotionslos über 142 Minuten zieht. Vielleicht ist es auch die Art wie Gatsby von Anfang an in Tragik versinkt und so wenig von dem faszinierenden Mysterium zeigt, dass Nick zunächst anzieht. Vielleicht ist das Bein, dass sich Der Große Gatsby selbst stellt, das ständige Bewusstsein um die Vorlage, die in den letzten Szenen fast wortgetreu wiedergegeben wird: „So we beat on, boats against the current, borne back ceaselessly into the past.“ Möglicherweise hätte gerade eine komplette Loslösung von der Vorlage, Luhrmanns Spezialität, den Film zu einer besseren Adaption gemacht.

Eine Antwort schreiben