#rezension

«Mr. Morgan’s Last Love» – Letzte Liebe in Paris

Im Flur von Mr. Morgans Pariser Apartment türmen sich drei unterschiedlich hohe Stapel mit Zeitungen. Er beginnt seinen Morgen, kurz nach dem Aufstehen, indem er die Wohnungstür öffnet, die Zeitung vom Boden aufhebt und sie dann ungelesen auf einen der Stapel fallen lässt. Denn Matthew Morgan hat jegliches Interesse an seiner Umwelt verloren. Vor drei Jahren ist seine Frau, seine große Liebe gestorben und Matthew lebt seit dem antriebslos in den Tag hinein.

Mr. Morgan’s Last Love beginnt mit dem Tod von Matthews Frau. Die Polizei muss den trauernden Witwer förmlich vom Totenbett wegzerren, bevor sie Joan Morgan beerdigen können. Drei Jahre später lebt Amerikaner Matthew immer noch in Paris, einsam und ohne irgendeine engere Beziehung zu einem anderen Menschen. Bis er im Bus die junge Pauline trifft. Sie ist wunderschön und genau wie Matthew einsam. Die beiden beginnen sich regelmäßig zu treffen, doch auch Pauline kann Matthew nicht davon abhalten einen eher halbherzigen Selbstmordversuch zu begehen. Als diese Matthews Kinder auf den Plan ruft wird schnell klar, dass Mr Morgans Leben weitaus komplizierter ist als man auf den ersten Blick denkt.

Es ist schwierig die Handlung des Films als solche zu bezeichnen, denn viel passiert in Mr. Morgan’s Last Love nicht. Der Film bedient sich vieler bekannter Versatzstücke: Der tollpatschige Amerikaner in Paris, die komplizierte Beziehung zwischen einem älteren Mann und einer jüngeren Frau und gescheiterte Familienbeziehungen die kaum noch zu retten zu sein scheinen. Wirklich originell ist der Film, der auf dem Buch Die letzte Liebe des Monsieur Armand von Françoise Dorner basiert, nicht. Doch das muss er auch gar nicht sein.

Vielmehr sind es die kleinen Details, die Mr. Morgan’s Last Love sehenswert machen und ihn damit von der Masse abheben. Denn auch wenn das Ende vorhersehbar ist, die subtilen Einzelheiten, die den Film durchziehen retten ihn davor in traurigen Kitsch abzurutschen. So lernt Matthew zum Beispiel bis zum Ende nicht richtig Französisch und die heimliche Liebe, die seine Sprachpartnerin Colette für ihn hegt wird nie direkt thematisiert.

Hinzu kommt das brilliante Ensemble, allen voran Michael Caine, der sonst eher in Nebenrollen glänzt und hier sein ganzes Können unter Beweis stellt. Sein Mr Morgan wirkt erst wie ein leicht verwirrter, älterer Mann, doch je länger er Pauline kennt, desto mehr kommen nach und nach Emotionen an die Oberfläche wie die langsame Zuneigung zu ihr, aber auch seine anderen angestauten Gefühle. Gerade der Kontrast zwischen Matthew Morgan der zu Beginn des Films fast emotionslos frühstückt, und Matthew Morgan der sich in einer sehr emotionalen Szene lauthals mit seinem Sohn in einem Pariser Restaurant streitet sind der Beweis von Caines Können. Das Clémence Poésy neben ihm nicht blass wirkt ist ihrem großen Talent geschuldet. Sie macht Pauline zu der treibenden Kraft in Morgans Leben, die alle seine Beziehungen noch einmal in Frage stellt. Abgerundet wird das ganze von Justin Kirk als trotziger Sohn und Gillian Anderson als energetische Schwester, deren Auftritt extrem kurz ist, aber die jede Szene in der sie ist bereichert.

Auch Sandra Nettelbecks bedachte Regie, gepaart mit detailreichen, warmen Herbst-Bildern von Paris sorgt dafür, dass Mr. Morgan’s Last Love zwar nicht das Genre neu erfindet, aber ihm alle Ehre macht. Da stört es nicht weiter, dass Matthew manchmal mit seiner verstorbenen Frau redet, die nur er sieht. Es wird Teil des melancholischen Porträts eines Witwers, der seinem Leben noch einmal eine letzte, positive Wendung gibt.

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