
«Man of Steel» – Der Mann aus Stahl hat Schwachstellen
Man of Steel ist ein Kuriosum im Genre der Reboots, unter den Filmen also, die ein etabliertes Franchise neu erfinden wollen. Der Film setzt bewusst bekannte Elemente aus der Superman-Mythologie ein wie das Kostüm (minus die peinliche, rote Unterhose). Außerdem sehen wir Lois Lane und die Welt des Daily Planet, Clarks Heimat Krypton und seine Erd-Kindheit bei den Kents. Und wie jeder Film der danach strebt einen etablierten Superhelden neu zu erfinden, versucht Man of Steel auch bewusst anders zu sein. Fast ganz ausgeklammert ist das leidige Spiel um Supermans doppelte Identität die durch das Tragen einer einfachen Nerd-Brille gekennzeichnet ist. Kryptonit, Metropolis, Lex Luthor, alles typische Elemente die im letzten Superman Film, Superman Returns, noch zentral waren und die hier keine Rolle spielen.
Stattdessen ist die Handlung auf Clarks Herkunftswelt Krypton fokussiert. Dieser Ansatz macht Man of Steel erfrischend anders. Selten hat man Krypton als mehr als nur eine verbale Fußnote in Clarks Vergangenheit gesehen. Wo normalerweise seine Alien-Herkunft nur ein Zwischenschritt zu seiner Superman-Existenz auf der Erde ist, wird hier Kryptons Geschichte und der Konflikt um General Zod in den Vordergrund gerückt. Gleichzeitig wartet Man of Steel mit einer riesigen Anzahl fantastischer Schauspieler auf. Besonders Russell Crowe und Kevin Costner glänzen wie seit Jahren nicht mehr. Laurence Fishburne als erfrischend anderer Perry White oder Diane Lane als Mutter Kent brillieren in Kleinstrollen und hauchen dem Film Leben ein.
Das hat er auch dringend nötig. Denn die Einzelelemente für sich genommen bieten das Potenzial zu einem wirklich guten Film: Exzellente Schauspielbesetzung (wirklich, Kevin Costner als Jonathan Kent ist fantastisch!), eine nicht lineare Erzählweise vom Superhelden-erfahrenen Christopher Nolan, die zumindest den ersten Teil des Films wirklich interessant macht, und die bombastischen visuellen Effekte, die Zack Snyders Markenzeichen geworden sind.
Nur irgendwie schafft es Man of Steel nicht diese Elemente zu einem glaubwürdigen Ganzen zu vereinen. Die Liebesbeziehung zwischen Lois und Clark zum Beispiel macht eigentlich nur Sinn, wenn man ihre Geschichte bereits aus anderen Filmen kennt. Die Haupthandlung um Zod ist dünn bis nicht existent und das große Finale in dem Metropolis in Schutt und Asche gelegt wird, verkommt zu einer schier endlosen Kette von in sich zusammenfallenden Hochhäusern. Die visuellen Anlehnungen an den 11. September sind dabei nur ein weiteres Element, dass die seltsam blutleer anmutende Handlung emotionaler gestalten soll.
Letzten Endes bleibt das schale Gefühl zwei halbe Filme gesehen zu haben: Einen halben Nolan, der die persönliche Geschichte des Kryptoniers Clark Kent in nachdenklichen, sepia-getränkten Bildern nachfühlt. Und einen halben Snyder, der fantastische Kreaturen und Welten erschafft, bombastische Actionsequenzen inklusive. Zusammen funktionieren diese Teile nicht, der Zuschauer nimmt passiv Bilder auf, die keine emotionale Resonanz haben. Einzig ein paar wenige Szenen lassen das Potenzial erahnen, dass Man of Steel wohl zu Beginn hatte: Clark der seinen Vater in einem Tornado sterben lassen muss, Perry White der in den Ruinen von Metropolis versucht Menschen zu retten oder der junge Clark, der einen Schulbus voller Kinder rettet.
Wie gesagt: In seinen einzelnen Bestandteilen ist Man of Steel potenziell ein guter Film. Leider hält die Gesamtmischung dieses Versprechen nicht ein.
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