#rezension

«Legend» – Tom Hardy mal Zwei

Es gibt zwei Arten, wie man einen guten Gangsterfilm aufziehen kann. Die eine Möglichkeit ist seinen Protagonisten ehrlich, schonungslos und möglichst realistisch darzustellen, zum Beispiel wie Whitey Bulger im Johnny Depp-Film Black Mass. Oder man macht es wie Regisseur Brian Helgeland in Legend und überspannt den Bogen bis der Protagonist zwar auf dem Papier noch ein Gangster ist, im Film aber mehr eine Karikatur seiner selbst.

Dabei ist die Geschichte von den Brüdern Kray, um die es in Legend geht, durchaus spannendes Filmmaterial. Die Zwillinge mausern sich in den Swinging Sixties im Londoner East End zu berüchtigten Kriminellen und werden vor allem durch ihre Skrupellosigkeit berühmt. Reggie ist der Besonnene der beiden und hat vor allem ein Händchen für die finanziellen Aspekte des Geschäfts. Sein Bruder Ron ist eher die starke Faust des Duos und sorgt mit seiner unberechenbaren Gewalt für Respekt.

Die Kray-Brüder werden beide von Tom Hardy (Mad MaxInception) gespielt und hier liegt auch die Brillianz und gleichzeitig die Krux des Films. Hardy ist ein großartiger Schauspieler, darüber muss man spätestens seit Filmen wie Bronson oder No Turning Back nicht mehr diskutieren. Er gibt, mit der Hilfe von gutem Maskenbild, beiden Brüdern einen ganz eigenen Stil und stellenweise hat man fast das Gefühl, dass hier zwei verschiedene Schauspieler zu sehen sind. Der leicht durchgeknallte Ron, der seinen Bruder bedingungslos liebt und der stylishe Reggie, der sich in eine Sekretärin verliebt und damit alles ins Wanken bringt.

Es ist nicht Hardys Schuld, dass Legend nicht wirklich funktioniert. Der Film legt einen guten Start hin, verstrickt sich dann aber beim Versuch von überspitzer Gangster-Komödie in zwischenmenschliches Drama zu wechseln. Die dürftige Handlung sorgt dafür, dass der Gimmick ein Schauspieler – zwei Rollen in den Vordergrund rückt und das schadet dem Film. Denn plötzlich versucht man herauszufinden, wie die Szene in der die Brüder sich prügeln wohl gedreht wurde oder man entdeckt das Stunt-Double, jedes Mal, wenn einer der Brüder von hinten gezeigt wird.

Das Spektakel um den doppelten Tom Hardy ist so einnehmend, dass es jedeweden Sapnnungsbogen verdrängt. Gleichzeitig sind Ron und Reggie so überspitzt gezeichnet, dass sogar Tom Hardy Schwierigkeiten hat die beiden als vollwertige, runde Charaktere zu zeigen. Wie ein frischer Windhauch wirkt da die fabelhafte Emily Browning (Sucker Punch) als Reggies Frau, die glaubhaft die Entwicklung der jungen Liebe von Frances darstellt, die sich langsam in Verbitterung und Apathie verwandelt. Doch auch sie vermag den Film nicht mehr zu retten, der es schafft sowohl Schauspieler Christopher Eccelstone (28 Days LaterThor – The Dark Kingdom) als auch Colin Morgan (bekannt aus den TV-Serien MerlinThe Fall) völlig belanglos wirken zu lassen.

Was am Ende von Legend bleibt, ist die Erkenntnis, dass Tom Hardy früher oder später auf einer Bühne stehen und „I’d like to thank the Academy!“ sagen wird. Denn ein mittelmäßiger Film hat auch etwas Gutes: Er zeigt wie echtes schauspielerisches Talent aussieht und davon hat Tom Hardy eine ganze Menge.

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