
BlacKkKlansman und wie Film-Marketing unsere Meinung beeinflusst
Ich will ehrlich sein. Meine erste Reaktion auf BlacKkKlansman war: Schlechter Film. Charaktere, die irgendwie nicht richtig echt wirken, eine relativ rudimentäre Handlung und ein Ende nach dem plötzlich eine ganze Breitseite mit echten Nachrichten-Videos auf einen einprasselt. Und basierend auf einer wahren Begebenheit, eine Genre-Zuordnung, die mich in etwa so sehr nervt, wie endlos Krimi-Reihen mit dem 500. Fall von Detektiv Bla Bla. Äh, nein danke.
Eigentlich ist BlacKkKlansman aber überhaupt kein schlechter Film. Im Gegenteil. Ich hatte nur einfach keine Ahnung. Keine Ahnung darüber, was dieser Film ist, was Spike Lee besonders macht oder was mich da eigentlich erwartete. Das hatte zwei Gründe: Meine Ahnungslosigkeit und die Vermarktung des Filmes.
Trailer beeinflussen unsere Meinung
Der Trailer für BlacKkKlansman macht aus dem Film etwas, was er nur 50 % der Zeit wirklich ist: Eine politische Komödie über eine schwierige, wahre Geschichte, die irgendwie so absurd ist, dass man sie fast nicht glauben mag. Aber seht selbst:
Es ist nicht so, dass der Trailer den Film misrepräsentiert. Man kann durchaus öfter lachen, ja. Aber der Film ist vielmehr eine historische Collage, die Elemente der Geschichte von Ron Stallworth nimmt und sie in historischen Kontext setzt. Aber eine dunkle Komödie oder ein spannender Buddy-Cop-Film ist BlacKkKlansman nicht.
Mit der Erwartung, dass ich einen augenzwinkernden Undercover-Cop-Film sehen würde, bin ich an BlacKkKlansman rangegangen. Und wurde in der Hinsicht bitter enttäuscht. Denn ja, man kann lachen. Aber eigentlich ist der Film eine politische Bigographie einer Zeit. Die Hauptcharaktere bleiben blass, weil sie Symbole für viele Ideen und historische Kontexte sind, statt einfach nur Rollen in einer Geschichte.
Black Movie History: Mein blinder Fleck
Das mit dem historischen Kontext ist nämlich so eine Sache. Eigentlich steigt BlacKkKlansman direkt mit seiner Agenda ein: Der Film zeigt Ausschnitte aus dem kontroversen Birth of a Nation und Vom Winde verweht. Es geht um Black History und es geht um den (heutigen) Kontext aus dem heraus der Film erzählt wird. Ein bisschen ist BlacKkKlansman wie ein historischer Film, der die Bildungslücken seiner Zuschauer aufräumt.
Denn was mir beim Schauen des Filmes am meisten aufgefallen ist: Wie wenig Kontext ich für die Themen habe, die in diesem Film vorkommen. Rassismus, den Ku Klux Klan oder das Civil Rights Movement. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich BlacKkKlansman nicht verstehe, aber ich wurde permanent erinnert, dass ich wirklich tiefgründiges Wissen einfach nicht habe.
Am besten zeigt sich das an Adam Drivers Charakter Flip Zimmermann. Denn am menschlichsten, am dreidimensionalsten fühlt sich ein Charakter an, wenn Flip fast beiläufig erzählt, dass er Jude ist. Eigentlich sollte das verbünden, die Gesetzte des Films gebieten es fast. Doch BlacKkKlansman arbeitet vor dem Hintergrund der Realität und so wirkt der jüdische Flip, der undercover als weißer Rassist den Ku Klux Klan infiltriert, erschreckend realistisch und unheimlich glaubwürdig. Es zeigt wie einfach einen diese Ideologien vereinnahmen können und wie wenige man eigentlich über die Triebfedern einer Organisation wie dem Ku Klux Klan weiß.
BlacKkKlansman als politischer Kommentar
Und gerade darin ist der Film besonders gut: Die Aufarbeitung von fehlendem Wissen. Er ist nicht fokussiert darauf, dass die Charaktere in all ihren Facetten beleuchtet werden. Er zielt nicht einmal darauf ab ein voll ausformuliertes Ensemble an Neben.Charakteren zu zeigen. BlacKkKlansman ist politischer Kommentar als ein vollwertiger, narrativer Film.
Basierend auf Ron Stallworth Autobiografie, nimmt BlacKkKlansman die Erlebnisse als Ausgangsbasis, um über Themen zu sprechen, die heute nicht aktueller sein könnten. Sei es die freundliche Art mit der KKK-Anführer David Duke (erschreckend gut gespielt von Topher Grace) seinen Rassimus predigt. Oder die latenten Alltags-Rassmismen, die Ron Stallworth von seinen Polizei-Kollegen ertragen muss, die es eigentlich besser wissen sollten.
BlacKkKlansman zeigt Rassismus in all seinen Facetten und wie tief er in der amerikanischen (und, machen wir uns nichts vor, weltweiten) Gesellschaft vergraben ist. Das war 2018 schon aktueller denn je, 2020 ist es durch die Black Live Matter-Proteste noch aktueller geworden. Manchmal zeigt der Film ganz unverhohlen genau die Agenda von Spike Lee auf, etwa als ein Klan-Anhänger auf einer Versammlung Donald Trumps Slogan „Make America great again“ in den Mund gelegt wird. Aber kann man es Spike Lee verübeln, wenn er den direkt Weg wählt? Schließlich sollte, ja, muss, die Message gehört werden. Denn viel hat sich seit der Veröffentlichung nicht verändert.
Keine schwarze Komödie, sondern viel mehr
Am besten sieht man das am Ende des Filmes. Die Story schließt mit einem versöhnlichen Ende. Die Erzählung ist vorbei. BlacKkKlansman aber nicht. Denn Spike Lee zeigt nun Szene von den Ereignissen in Charlottesville aus 2017, als bei einer rechtsextremen Demo ein Teilnehmer mit dem Auto in die Gegendemonstration fuhr und eine junge Frau, Heather Heyer, tötete.
Es sind Live-Video-Aufnahmen (willkommen im Zeitalter der Smartphone-Kamera). Der Ton ist entsprechend ernst, die Bilder kommen ungebremst und ich kann nur von mir sprechen, aber unvorbereitet diese Art Videos zu sehen (die ich sonst vermeide) war wie eine emotionale, kalte Dusche. Vermutlich auch genau mit dieser Intention.
Aber es bettet BlacKkKlansman noch einmal in einen größeren Kontext ein, denn auch wenn der Film im Jahr 1972 spielt: Die Themen und Problematiken, die angesprochen werden, sind (leider) genauso aktuell wie damals.
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