
Black Widow – Superhelden Found Family
Im Jahr 2021 einen neuen Film an den Start zu bringen ist nicht einfach. Kaum ein anderer aktueller Film zeigt das mehr als Black Widow. Ursprünglich war der Superheldinnen-Film für Mai 2020 geplant. Doch darauf gewartet haben Fans eigentlich schon viel länger. Denn seit dem ersten Auftauchen von Black Widow in Iron Man 2 (2010), haben sich Fans ein Spin-off gewünscht. Und zwar eines in dem Natasha Romanoff mehr als nur ein sexy Stück der Szenerie ist.
Wer will schon weibliche Superheldinnen sehen?
Filme, vor allem Actionfilme, mit weiblichen Hauptdarstellerinnen sind notorisch selten. Genauso selten wie Superheldinnen-Filme übrigens. Und das liegt ganz klar an der Einschätzung von Studiobossen, das keiner das sehen will. So einfach ist es halt manchmal.
Deswegen hat es fast 11 Jahre gedauert, bis Black Widow ihren eigenen Film bekommen hat. Ehrlicherweise ist es viel zu spät. Die Euphorie des ursprünglichen MCU ist längst vorbei, eine neue Phase mit neuen/alten Helden ist längst am Start. Und ein bisschen absurd ist es auch einen Film um einen Charakter zu bauen, der in der aktuellen Chronolgie eigentlich (Achtung, Spoiler!) längst tot ist.
Die teils toxische Resonanz auf Captain Marvel und die Alibi-Szene für Female Empowerment in Endgame, haben Nährboten für allerlei Vorurteile geboten. Dabei ist Scarlett Johansson ein ordentlicher Film-Star, Black Widow eine beliebte Heldin. Und fast alles, was Disney Marvel-mäßig so rausgebracht hat, ist mindestens eine gute Investition und manchmal sogar hervorragendes Kino.
Streaming VS Kino: Der Gewinner ist wie immer Disney
Ursprünglich war Black Widow bei mir fest als Kinobesuch eingeplant. Doch wegen Corona-Auflagen und der daraus resultierenden Saalplanung war in der OV nur noch in den ersten zwei Reihen Platz, als ich mich endlich für einen Kinotag entschieden hatte. Stattdessen habe ich 22 € für den VIP-Zugang auf Disney+ gezahlt. Ein bisschen genervt, weil Disney nun wirklich nicht mehr von meinem Geld braucht und ein bisschen mit der Argumentation: „Naja, man kann sich ja mal was gönnen…“.
In den ersten Wochen nach Release sahen die Zahlen auch so aus, als ob sich viele (wie ich auch) für den Stream zu Hause entscheiden haben. Ein Triumph für Disney? Nicht lang genug, denn bereits in Woche 2 brach das Ganze wieder ein. Die Diskussion über simultane Veröffentlichung im Kino und auf Streaming-Plattformen wird also weiter gehen. Ohne das Black Widow hier einen bleibenden Standpunkt hinterlassen hat.
Und was kann Black Widow nun als Film?
Wenn ich Black Widow beschreiben müsste, würde ich es vermutlich mit den Worten „Solide Unterhaltung“ beschreiben. Besonders herausragend ist Florence Pugh, die ich irgendwie bis jetzt noch nie aktiv in einem Film gesehen hatte. Als Yelena hat sie mich direkt überzeugt und emotional mitgerissen. Allein für sie, war’s ein absolut sehenswerter Film. Auch Rachel Weisz, immer noch eine meiner Favorites, überzeugt mit einer eher blassen Rolle und David Harbour kann bei mir seit Stranger Things eh nichts mehr falsch machen.
Mit ein bisschen Distanz betrachtet ist Black Widow ein ordentliches Stück Marvel-Historie. Der Film gibt Black Widow die Dreidimensionalität, die sie schon vor Jahren verdient hätte. Es gibt die üblichen Fetzchen Insider Wissen, die im MCU so gut funktionieren, und Scarlett Johansson ist routiniert wie eh und je unterwegs, darf tough und schwach sein. Solide Sache eben.
Der Einstieg des Filmes ist fast der stärkste Part: Mit einem Cover von Nirvanas „Smells like Teen Spirit“ wird in kurzen Sequenzen die Jugend von Natasha Romanoff und ihrer „Schwester“ Yelena Belova dargestellt. Eine eindeutige emotionale Anspielung an die sehr realen Tatsachen des Menschenhandels, vor allem mit jungen Frauen und Mädchen.
Charaktermomente sind die große Stärke von Black Widow
Am Ende sind es die Szenen ohne Action, ohne Marvel-Trara oder World-Building, die im Gedächtnis bleiben. Natasha und Yelena, die an einer Tankstelle zusammen sitzen und über ihre Pläne sprechen. Die kleine Found Family-Einheit aus den beiden Frauen und Alexei und Melina zu Beginn des Filmes und als sie sich Jahre später wieder finden.
Rachel Weisz macht aus wenig Drehbuch-Material viel mehr, eine Mutter-Figur, die zugleich gewissenlos und voller Reue ist. Und auch David Harbours Alexei darf, wenn er zusammen mit Yelena den Song ihrer Kindheit „American Pie“ singt, beweisen, dass er mehr als nur Humor zum Film beitragen kann.
Und so anstrengend, wie ich Scarlett Johansson als Persönlichkeit manchmal finde, weil sie ganz offensichtlich kein Problem mit kontroversen Meinungen hat, so leistet sie hier doch gute Arbeit. Was auch nicht schwer ist, immerhin bekommt sie zum ersten Mal seit langer Zeit im Marvel-Universum Szenen mit Tiefgang und schauspielerischen Herausforderungen.
Langfristig wird sich Black Widow irgendwo im Mittelfeld des MCU einordnen. Kein schlechter Film per se, aber sicher auch nicht einer der emotionalen Vorreiter im weiter wachsenden Marvel-Universum. Was aber eigentlich nicht schlimm ist. Denn wenn Black Widow eines leistet, dann den Beweis, dass weibliche Superheldinnen durchaus auch Profit bringen und mindestens einen Invest wert sind. Keine schlechtes Vermächtnis.
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